Neues Sofortprogramm der Bundesregierung mit vielen richtigen Ansätzen
Neues Sofortprogramm der Bundesregierung mit vielen richtigen Ansätzen
Geändertes Sofortprogramm als gutes Startsignal | Bemühungen nicht einstellen
Die katastrophale Personalsituation in der Pflege gewinnt zunehmend an öffentlicher Aufmerksamkeit. „So traurig dieser Befund im Grunde ist, so klar scheint zumindest langsam die Erkenntnis zu reifen, an dieser Stelle gegensteuern zu müssen!“ Der Präsident der rheinland-pfälzischen Landespflegekammer, Dr. Markus Mai, begrüßt mit diesen Worten das heute von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgestellte Sofortprogramm der Bundesregierung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für professionell Pflegende.
Zusätzliche Pflegende sollen von Kostenträgern voll refinanziert werden
Minister Spahn hat angekündigt, dass zukünftig jede zusätzliche und jede aufgestockte Pflegestelle im Krankenhaus vollständig von den Kostenträgern zu finanzieren ist. Das mit dem Krankenhausstrukturgesetz eingeführte Pflegestellen-Förderprogramm wird damit über das Jahr 2018 hinaus weiterentwickelt und ausgebaut. Für die zusätzlichen Mittel gilt anders als bisher keine Obergrenze und der Eigenanteil der Krankenhäuser von zehn Prozent entfällt. „Die zusätzlichen Mittel sind zweckgebunden für zusätzliche und aufgestockte Pflegestellen am Bett“, betont Mai. Die weitere Zweckgebundenheit der Mittel war eine zentrale Kammerforderung der letzten Jahre.
Bereits für das Jahr 2018 sollen anstelle der bisherigen hälftigen Refinanzierung die linearen und strukturellen Tarifsteigerungen für die Pflegekräfte vollständig von den Kostenträgern refinanziert werden. In der Vergangenheit wurde der Teil der Tarifsteigerungen, der nicht ausgeglichen wurde, teilweise durch Einsparungen zu Lasten der Pflege kompensiert. „Diese Praxis hat den Kolleginnen und Kollegen bundesweit immer weh getan. Sofern die Änderung kommt, ist damit ein guter Punkt gesetzt.“
Die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den DRG freut Mai. „Hoffentlich haben alle aus den Fehlern in der Diskussion um die pflegesensitiven Bereiche gelernt und räumen den professionell Pflegenden, neben den Selbstverwaltungspartnern, ein maßgebliches Mitbestimmungsrecht ein“, appelliert Mai in Richtung Bundesregierung.
Selbstverständlich unterstützt die Kammer auch die Idee der besseren Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegenden. „Klar ist für uns in dem Zusammenhang, dass die verantwortliche Koordinationspflegekraft auch vollständig refinanziert sein muss und nicht die Personalaufwände zusätzlich belasten darf.“
Krankenhausstrukturfonds ermöglicht effizientere Strukturen
„Es scheint im Föderalismus voranzugehen, wenn Bund und Länder bei der Krankenhausfinanzierung gemeinsame Sache machen wollen“, zeigt sich Mai zufrieden. Fehlende Investitionsmittel der Länder mussten in der Vergangenheit häufig von den Krankenhäusern aus Eigenmitteln kompensiert werden. Diese Umschichtung erfolgte nicht selten auch zu Lasten der Pflege. Wir wollen daher den in der letzten Legislaturperiode gebildeten Krankenhausstrukturfonds fortsetzen und ausbauen.
Der Fonds wird ab 2019 für vier Jahre mit einem Volumen von 1 Mrd. € jährlich fortgesetzt. Die Finanzierung erfolgt wie bisher je zu Hälfte aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und aus Mitteln der Länder. Entsprechend den Fördergrundsätzen des bisherigen Krankenhausstrukturfonds werden die Länder verpflichtet, dass in den Haushaltsplänen der Jahre 2015 - 2017 durchschnittlich veranschlagte Fördervolumen mindestens in den Jahren 2019 bis 2022 aufrechtzuerhalten und um den von ihnen zu tragenden Kofinanzierungsanteil zu erhöhen.
Mehr Ausbildungsplätze in der Pflege
Ausbildungsvergütungen von Auszubildenden in der (Kinder-)Krankenpflege sowie in der Krankenpflegehilfe werden bislang nur anteilig refinanziert, weil sie im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung voll ausgebildete Pflegekräfte entlasten. Eine solche Entlastung ergibt sich im ersten Ausbildungsjahr jedoch nicht im gleichen Umfang. Daher sollen die Ausbildungsvergütungen von Auszubildenden in der (Kinder-)Krankenpflege und in der Krankenpflegehilfe im ersten Ausbildungsjahr ab 2019 vollständig von den Kostenträgern refinanziert werden. „Eine Attraktivitätssteigerung für Auszubildende in der Pflege ist eine seit Langem artikulierte Forderung der Kammer! Dass über den Krankenhausstrukturfonds nun auch in Ausbildungsstätten investiert werden soll, können wir nur unterstützen.“ sinnvoller bei einer massiven Steigerung von kurzen Einsatzzeiten wäre der gesamte Wegfall der Anrechnung für die gesamte Ausbildung.
Die Anrechnung der Auszubildenden auf den Stellenplan ist für Mai als Einstieg zu begrüßen. „Bei einer massiven Steigerung von kurzen Einsatzzeiten wäre der gesamte Wegfall der Anrechnung für die Ausbildung insgesamt noch sinnvoller“, weiß Mai.
13.000 Pflegekräfte mehr - Unterstützung für jede stationäre Pflegeeinrichtung
Jede vollstationäre Altenpflegeeinrichtung in Deutschland soll im Rahmen des Sofortprogramms profitieren. Einrichtungen bis zu 40 Bewohnern erhalten eine halbe Pflegestelle, Einrichtungen mit 41 bis 80 Bewohnern eine Pflegestelle, Einrichtungen mit 81 bis 120 Bewohnern eineinhalb und Einrichtungen mit mehr als 120 Bewohnern zwei Pflegestellen zusätzlich. Ziel ist es, insbesondere den Aufwand im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlungspflege in der stationären Altenpflege pauschal teilweise abzudecken. Die Pflegeeinrichtungen haben die Möglichkeit, auf Antrag schnell und unbürokratisch diese zusätzlichen Stellen durch einen Zuschlag finanziert zu bekommen. Mai betont, dass die Regierung offensichtlich aus den Protesten bezüglich der zunächst angedachten 8.000 Stellen gelernt habe. „Die Zahl von 13.000 zusätzlichen Stellen mehr für den Bereich der Altenpflege ist ein sanfter Hoffnungsschimmer. Positiv vernehmen wir auch, dass die Pflegeempfängerinnen und –empfänger nicht zusätzlich belastet werden sollen, um die Stellen zu finanzieren. Ein erster guter Schritt in die richtige Richtung“, befindet der Kammerpräsident.
Anstrengungen zur Verbesserung der Situation weiter ausbauen
Die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz als Deutschlands erste berufliche Selbstverwaltung der professionell Pflegenden fordert vehement ein nachhaltiges Vorgehen, um den jahrzehntelang steigenden Kostendruck zu Lasten der Berufsangehörigen zu beenden und Strukturen zu schaffen, die eine gute und professionelle Pflege ermöglichen. „Wir brauchen im praktischen Pflegealltag Bedingungen, die es ermöglichen, dass sich Menschen für den Pflegeberuf entscheiden bzw. wieder entscheiden und das dauerhaft. Dazu zählt, Zeit zu haben für den Bewohner oder den Patienten. Dazu zählt, die eigene Professionalität verwirklichen und weiterentwickeln zu können. Dazu zählt aber auch ein anständiges Bruttogehalt das entsprechend der hohen Verantwortung und der großen Gefahrgeneigtheit des Pflegeberufes kurz- bis mittelfristig jenseits von 4.000 € liegen muss“, fordert Mai.
Die Bundesregierung sei gut beraten, das Sofortprogramm als Startpunkt zu betrachten, um verloren gegangenes Vertrauen zu den professionell Pflegenden wiederherzustellen. „Wenn Minister Spahn und das Kabinett wirklich verstanden haben, worum es geht, stehen wir gerne als unterstützender Partner zur Seite!“